Losung September 2024
Jeremia 23,23: "Bin ich nur ein Gott, der nahe ist, spricht der Herr, und nicht auch ein Gott, der ferne ist?"
Ein bifokaler Gott
Die Antwort auf beide Teile der Frage ist natürlich Ja. Das liegt an Gottes Heiligkeit. Diese wiederum
macht ihn ebenso berechenbar wie unverfügbar.
Wer behauptet er habe keine Sünde, darf sich völlig auf die Ferne Gottes verlassen – ebenso, wer mit
christlicher Tarnung behauptet, Sünde sei nicht Sünde. Wer dagegen die Bedeutung des Kreuzes Jesu
Christi verstanden und angenommen hat, darf sich unter allen Umständen in der Hand Gottes
geborgen und verwahrt wissen. Zur Bedeutung dieses Kreuzes gehört es, dass ich eine allumfassende
Gnade brauche, die mich in die Nähe Gottes bringt – ebenso aber auch, dass ich in Gottes Nähe nie
etwas anderes werden kann oder werden muss als ein begnadigter Sünder.
Unser Vers klingt ein bisschen so, als würde Gott willkürlich entscheiden, ob er nah oder fern ist. Dem
ist aber in allerkeinster Weise so! Fern ist Gott, weil diejenigen in seinem Volk, die den Auftrag
hatten, ihn nahezubringen, die Trennung von Gott verursachen und sogar steigern. Hirten, Priester
und Propheten drehen sich ausschließlich um sich selber, müssen das aber vor dem Volk fromm
tapezieren und denken, sie könnten auch Gott damit hinters Licht führen.
Stellen wir uns mal einen heiligen Gott vor, der nahe sein will, von seinen Beauftragten aber
ferngehalten wird. Was haben diese Beauftragten wohl zu gewärtigen? Vielleicht „in Stücke hacken
und ihren Teil bei den Heuchlern geben; da wird sein Heulen und Zähneklappern“? (Mt. 24,51)
Und jetzt stellen wir uns diesen heiligen Gott mal dabei vor, wie er seinen Willen, seinen Geschöpfen
nahezusein, in die Tat umsetzt. Dazu erwählt er sich einen Beauftragten, dem es gelingt, den Willen
Gottes auszuführen, „die Fernen nahezubringen“ (Epheser 2) und „bei uns zu sein alle Tage“ (Mt. 28).
In einer Sonntagschul-Stunde hat die Tochter eines Arztes mal gesagt: „Gott wohnt im Himmel, aber
seine Praxis hat er auf der Erde“. Man könnte also sagen, die Frage nach der Ferne Gottes ist die
Frage nach den Sprechzeiten seines Beauftragten: Mo. – So., 0 – 24 Uhr, in dringenden Fällen unter
den Nummern Ps. 50,15 o. 1Pt. 5,7.
Gott war von Anfang an und trotz allem das Licht der Welt. Dieses Licht hat während der gesamten
Weltgeschichte mal für drei Stunden gefehlt, als Jesus am Kreuz die Finsternis der völligen
Gottesferne getragen hat. Dort hat die Sünde empfangen, was ihr gehört, nämlich die Ferne Gottes.
Seither empfängt dort der Sünder, was ihm gehören soll, nämlich Gottes Nähe – eben immer als
begnadigter Sünder.