Losung, 14.September 2025
Habakkuk 3,18: "Ich will mich freuen des Herrn und fröhlich sein in Gott, meinem Heil."
Lukas 15,20: "Als der Sohn noch weit entfernt war, sah ihn sein Vater, und es jammerte ihn, und er lief und fiel ihm um den Hals und küsste ihn."
Mehr als ein Gefühl
Die beiden Verse, die eigentlich wiedermal nichts miteinander zu tun haben, beleuchten doch zwei Seiten der Freude in Verbindung mit Gott. Auch im Hebräischen, wie in Griechisch und Latein, gibt es verschiedene Verwendungen des Genitivs, die heute gern verwechselt werden. Ich hab zu Nehemia 8,10 mal die These gehört, unsere Kraft sei „die Freude, die Gott an uns hat“ (subjectivus). Diese Übersetzung ist einerseits sachlich nicht korrekt, zieht andererseits aber Jesu Bildwort vom „laufenden Vater“ in Betracht. Es gibt diese Freude Gottes, durch die sein Vaterherz ihn zum Losrennen zwingt, sobald er uns kommen sieht. Diese Freude mündet in völliger Annahme des Unannehmbaren – unbedingt und bedingt gleichzeitig. Unbedingt unsererseits, bedingt durch das Gnaden-Handeln Gottes seinerseits. Gottes Freude ist Handeln; sie ist Selbst-Aufgabe: „… der, obwohl er hätte Freude haben können, die Schande gering achtete …“. In Jesus Christus ist sie das Loslaufen Gottes, um einen Haufen Schweinedreck in die Arme zu schließen und zu küssen. Unsererseits ist die „Freude an Gott“ (objectivus) ein Willensakt, begründet dadurch, dass Gott der ist, der er ist: „mein Heil“. Sie wird zu unserer Lebenskraft, nicht weil sie unsere Lebensrealität rosarot pinselt, sondern weil sie diese im Glauben an den hängt, der allein Gott ist. Ein Freund sagte uns neulich ein Luther-Zitat: „Lasst Gott Gott sein!“. Vermutlich würden unsere nordkoreanischen Geschwister an unseren Gottesdiensten mit ihrem ewigen Lobpreis-Gedudel eher befremdet teilnehmen, weil dabei eine vermeintlich geistliche Inszenierung geschaffen wird, die mit ihrer Lebensrealität keinerlei Verbindung hat. Wie ist es dann zu erklären, dass ihre „Freude an Gott“ eine soviel größere Lebenskraft ist, als wir sie kennen? Vielleicht dadurch, dass Gott umso mehr Gott ist, je mehr er es sein darf? Ohnmacht ist der Ort der Gottes-Erfahrung, weil Ohnmacht Gott die Majestät gewährt, die ihm gehört. Nichts findet so völlig die Gnade Gottes wie ein abgerissener Haufen Schweinedreck, weil nichts anderes Gott so sehr Vater sein lässt. Dieser Vater umschließt die Ohnmacht mit Heil, indem er den Ohnmächtigen in seine Arme nimmt. Und er erfüllt sie mit Freude, weil er den Ohnmächtigen völlig annimmt – gerade da, wo nichts Annehmbares ist.