Losung, 07. September 2025
Psalm 109,30: "Ich will dem Herrn sehr danken mit meinem Munde und ihn rühmen vor der Menge."
Lukas 13,13: "Jesus legte die Hände auf die verkrümmte Frau, und sogleich richtete sie sich auf und pries Gott."
„Deine Gnade ist mein Trost“
Ich finde Rachepsalmen ja ganz furchtbar, und zwar deswegen, weil sie genau aus meinem Herzen gesprochen sind. Ich könnte jetzt auch so tun, als würde ich mich über den heilsgeschichtlichen Fortschritt freuen, dass Jesus mir die Rachepsalmen abnimmt, aber das wär gelogen. Einmal mehr stehe ich vor der Wahrheit meines Herzens, und ich kann Gott nur auf Knien danken, dass ich in demselben Maße vor der Wahrheit seiner Gnade stehen darf. Die Überschrift möchte ich doch gerne als Schlüssel-Aussage von Psalm 109 lesen. Darin legt David völlig offen, dass er Trost braucht, dass dieser Trost aber nicht in seiner Rache, sondern in Gottes Gnade liegt. Damit befiehlt er Gott das Trost-Handeln an. Auch seine Rache-Phantasien und seinen Durst nach Gerechtigkeit befiehlt er Gott an, allerdings nicht als To-do-Liste, sondern als Schilderung seines Gnaden-Bedarfs. Bei Jesus war es bei einer anderen Frau der Griff nach seinem Gewand, bei unserer hier das Auflegen seiner Hand, und ihr Gnaden-Bedarf war erfüllt. Die Gegebenheiten eines Synagogen-Gottesdienstes waren eigentlich so, dass niemand sie sehen konnte. Jesus sieht sie persönlich, und er sieht genau ihren Gnaden-Bedarf. Er fragt nicht: „Was willst du, dass ich dir tun soll?“, er legt ihr die Hand auf, und sie erfährt sein Gnaden-Handeln, wie er ihren Bedarf sieht. David fordert von Gott eigentlich sein Recht, und das ist auch legitim, denn was Recht ist, muss auch Recht bleiben. Aber was machen wir, wenn wir in einer ungerechten Welt kein Recht bekommen, und wenn das Recht Gott dazu nötigen würde, Gericht zu üben, obwohl er darauf wartet, Gnade walten lassen zu können? Am Ende wird alles Unrecht dieser Welt seinen Richter finden. Aber wer hat bis dahin das Problem, wenn mein Warten auf Recht und Gottes Warten auf Umkehr miteinander kollidieren? Mit dem Satz „Deine Gnade ist mein Trost“ baut David viel Weisheit in sein Schreien nach Recht ein. Unseren verfolgten Geschwistern bleibt mglw. nur das – aber eben auch nichts weniger. Seelsorglich muss ich mich entscheiden, ob ich das Drehen um mein Recht zu meiner Lebensbewegung machen will, oder das Drehen um Gottes Gnaden-Handeln an mir. Wähle ich Zweiteres, dann kann ich von David lernen, „dem Herrn zu danken mit meinem Munde und ihn zu rühmen vor der Menge“.